Musikfilm, 2010
Kamera, Regie, Animation, Schnitt
Lukas Thiele
Musik
Aus den nachgelassenen Sinfonischen Etüde op. 13 von Robert Schumann, gespielt von Finghin Collins (claves records)
Danke an
Konzertverein Kassel
Auszeichnungen
3. Preis beim Classic Clip Wettbewerb 2010
Robert Schumann gilt zu Recht als eine der zentralen Gestalten der deutschen Romantik. Seine Auseinandersetzung mit Musik umfasst neben seinen Kompositionen eine umfangreiche musikschriftstellerische Betätigung, in der er seine ästhetischen Maximen charakterisierte, aber auch Werke zeitgenössischer Komponisten einer enthusiastischen Würdigung oder einer kritischen, dabei oft hochsubjektiven Analyse unterzog.
Als Komponist entwickelte Schumann am Paradigma Klaviermusik eine "Poesie" der Musik, die bisherige Formmodelle in Frage stellte. Seine Klavierkompositionen zeigen wichtige Merkmale dieser musikalischen Poesie, die oft mit entsprechenden Überschriften und Vor-tragsbezeichnungen korrespondieren: "Nachtstücke", "Gesänge der Frühe", "Merkwürdige Begebenheit", "Vogel als Prophet", "Aufschwung" heißen solche Titel, deren triviale Umsetzung in Musik der Komponist dem Publikum allerdings konsequent versagt. Vielmehr wird der Zuhörer Zeuge einer geheimnisvoll anmutenden musikalischen Rhetorik, die sich in inneren Monologen oder lebhaften Dialogen entspinnt und in denen Schumann die ebenmäßige Phrasierung der Wiener Klassik auf dem Weg zu neuen Ufern hinter sich lässt.
Dieser Prozess der Ablösung überkommener Modelle lässt sich auch in den Sinfonischen Etüden op.13 nachvollziehen. Schumann scheint es nicht allein um Etüden im Sinne des Erlernens technischer Fertigkeit zu gehen, sondern – in des Wortes zweiter Bedeutung – um Experimente im Dialog mit dem Instrument. Der Zyklus, als Variationenfol-ge angelegt, wurde vor der Drucklegung von Schumann gekürzt, idem er bezeichnenderweise gerade die fünf Etüden aussonderte, welche gewissermaßen quer zur Publikumserwartung stehen. Sie erschienen erst posthum im Druck und sind bis heute als "lost children" des Zyklus nur selten im Konzertsaal zu hören.
Im Anklang an die gegensätzlichen Charaktere der beiden imaginären Freunde Florestan und Eusebius aus Schumanns Schriften vermitteln die verschiedenen Variationen aus den nachgelassenen Fünf Sinfonischen Etüden gegensätzliche Haltungen zu dem ästhetischen Grundproblem Emotionalität und Struktur – von minimalistischer Material-Studie über konzentrierte Zurücknahme bis zur enthusiastischen Selbstvergessenheit.
(aus der Ausschreibung des Classic Clip Wettbewerb 2010, © Konzertverein Kassel)